Samstag, 21. Juli 2012

Mein Leben mit Behinderung

Leute! Ihr denkt vielleicht, Behinderung ist todtraurig! Mit diesem Vorurteil möchte ich heute aufräumen!

Manchmal denke ich schon: "Mann, dieser idiotische Tonus!" - Zur Erklärung: Bei aufregenden Sachen wie Besuch oder Sommerlager oder Umzug oder Konzert geht meine Körperspannung in unermessliche Höhen, und ich kann nichts dagegen unternehmen. Aber dann hab ich ja Leute, die versuchen, meine Körperspannung zu reduzieren - das gelingt nur leider nicht immer. Aber irgendwann sagt dann mein Kopf: Runter damit! Tief atmen!! Und dann werde ich allmählich ruhiger. Und was mich auch manchmal nervt, ist, dass ich auf Hilfe angewiesen bin und nicht einfach mal mit dem Bus nach Spandau fahren kann und einfach mal allein bummeln.
So, und jetzt nach dieser Trauerpredigt kommt mal das Positive an meiner Behinderung!
Es ist toll, dass ich überall - in allen Schulen und Einrichtungen, wo ich bisher war - so liebevolle Menschen kennengelernt habe! Und was auch ganz wichtig ist: Als behindertes Kind macht man Dinge, die andere Leute nicht machen können: ich zum Beispiel denke mir  Dialoge aus und spreche die sozusagen auf Band. Ich spreche beide Rollen; oft oder fast immer nehme ich Leute, die ich gut kenne und die meine Kragenweite sind. Oder ich führe mit mir selber Dialoge, zum Beispiel wenn ich beim Arzt bin, da beruhigt mich das, oder bei etwas Schlimmem, wo mein Kopf erstmal mit klarkommen muss.
Deswegen mache ich auch gern bei anderen Leuten "lange Ohren", oder wenn ich im Café oder sonstwo in der Nähe von Paaren sitze. Mama sagt immer, "Mensch, hast du aber Luchsohren"! Ich verstehe wirklich immer jedes Wort! Überhaupt dreht sich meine Freizeit gezielt ums Hören - und zwar höre ich besonders gern Chormusik, aber auch Oldies, Abba, überhaupt Partyhits! Ihr denkt wohl: "Mann, das Clärchen ist ein gerngesehener Gast auf Parties!" Ja, aber ab und zu muss sich die Partymaus Clärchen bei Mozart entspannen...
Also Leute - wenn ihr Behinderte kennt, habt keine Berührungsängste! Die sind sehr sensibel und offen für jedes nette Wort! Mitleid ist absolut fehl am Platz!