Samstag, 18. August 2012

Mein Gewitter im Kopf


Leute! Ihr wisst vielleicht nicht, dass Behinderte ihre Gefühle nicht so ausdrücken können wie normale Menschen. Ich meine damit nicht die Gefühle Freude, Trauer, Wut, sondern das Gefühl Angst. Um das mal etwas genauer zu definieren: Ich kriege manchmal ausgerechnet bei klassischer Musik Angst. Wenn die Geigen so hoch rauf gehen, oder wenn im Chor irgendetwas bedrohlich klingt, oder wenn es so klingt, als ob gleich jemand sterben würde, dann spüre ich, wie mein Kopf innerlich wehtut. Und wenn das passiert, dann muss ich kichern. Das ist kein normales Kichern, sondern so ein ängstliches Kichern, und ich kann das nicht unterdrücken - auch nicht, wenn man sagt: "Entspann dich".
Wenn ich dann kichere, dann ist das wie ein Befreiungsschlag. Da löst sich die Spannung in meinem Kopf, und dann denke ich „So, alles wieder gut!“
Das heißt, auch bei sogenannter moderner Musik kriege ich die Krise: Lore und ich waren nämlich mal in einem Klavierabend, und da hat der Pianist auf dem Flügel herumgetreten und gehauen, und in meinem Kopf brach dieses  Gewitter los. Wir haben in der Pause fluchtartig diesen Ort verlassen, aber als wir nochmal an einem anderen Abend dort waren, wurde ich verkrampft, sobald Lore mich in den Saal schob, und dann war das Gekicher vorprogramiert, obwohl nur Schubert gespielt wurde… Ich bin dann da nicht nochmal hingegangen!
Also Leute, wenn ihr in Konzerten Behinderte seht, die kichern, dann wisst ihr, dass bei denen gerade ein Gewitter im  Kopf losgeht, und wenn ihr denkt, der hört nicht richtig zu, - ganz im Gegenteil! Die Musik löst bei ihm das Gewitter aus!
Ich gehe aber trotzdem total gern in klassische Konzerte – und übrigens: bei Popmusik oder Oldies ist der Himmel in meinem Kopf blau!