Sonntag, 1. März 2015

Was Elke und Lore erleben mussten

Leute!
Ihr wundert euch sicher, dass ich schon wieder was loswerden will. Aber neulich, als Lore, wie oft am Sonntag, zu meiner Wohngruppe rauskam und wir ganz gemütlich im Wohnzimmer Kaffee getrunken haben, kam Lore auf meine Geburt zu sprechen. Und da erzählte mein bester Freund Tilli auch von sich, wie es bei ihm war, als er ein Baby war.
Da kamen zum Teil wahnsinnige Sachen zum Vorschein! Bei Tilli war es teilweise genauso wie bei mir: Dass ich spastisch bin, wurde bei mir erst festgestellt, als ich ein halbes Jahr alt war, und bei Tilli haben die Ärzte erst gesagt, dass er Muskeldystrophie hätte, und das war für Elke natürlich ein Hammerschlag. Aber dann hat eine Physiotherapeutin gesagt: "Frau Fitzner, Ihr Sohn ist spastisch." Für Elke brach im ersten Moment eine Welt zusammen, allerdings dachte sie dann: "eine Spastik ist nicht so ein hammermäßiges Urteil wie Muskeldystrophie." Elke ist von Arzt zu Arzt gerannt, und eine Ärztin meinte: "Ach, diese Kinder sind doch bloß für den Mülleimer." Aber Elke hat diese Ärztin verklagt, und sie hat Recht bekommen! Aber es war immer wieder schwierig, teilweise auch, weil das in der DDR war: Da wurde Elke mal gesagt: "Ihr Sohn passt nicht in den Sozialismus".
Bei mir war für Lore auch nicht immer eitel Sonnenschein. Es ging los, als der Arzt im Kinderzentrum in München mich untersuchte, als ich ein halbes Jahr alt war. Er sagte nach der Untersuchung erstmal nichts, und als dann Lore fragte. "Was ist mit ihr?", sagte er einfach nur: "Spastisch." Lore wurde überhaupt nicht Mut gemacht, es ging immer nur um Physiotheapie, und wenn das nicht so wirkte, waren die Leute aus dem Kinderzentrum immer so negativ - "Ach, das Kind kann ja nichts", und: "Wir machen mal besser keine Prognose, schon gar nicht über die geistige Entwicklung."
Und in Südafrika kam noch ein Hammer! Ich ging dort in einen Kindergarten und eine Schule für Körperbehinderte, aber als ich von der Vorschule in die richtige Schule kommen sollte, wollte der Schulleiter Herr Jensen mich da weghaben. Er wollte überhaupt nur leicht behinderte Kinder in seiner Schule haben, alle anderen versuchte er wegzuschicken. Dabei wollten wir sowieso wieder auf deutschen Boden zurückwandern, und es war nur noch eine Frage der Zeit, dass wir unsere Zelte abbrachen. Lore hat sich wahnsinnig mit diesem sogenannten Schulleiter in die Haare gekriegt, aber er blieb hart. Aber dann kam meine Rettung, als sich dieser Idiot immer noch nicht erweichen ließ, da haben meine Erzieherin Moira und meine Busfahrerin Jean gesagt: "Nein, die bleibt die paar Wochen noch auf dieser Schule." Der Jensen hat das mal gesehen, dass ich im Bus gebracht wurde, aber da hat ihn die Jean so zusammengefaltet, dass er sich gar nichts mehr zu sagen getraut hat. Lore hat dann für die Jean einen Nusszopf gebacken!
Dabei sind Tilli und ich total glückliche Menschen! Und unsere Familien nehmen uns so, wie wir sind! Die sagen nicht: "Ihr müsst was leisten, ihr müsst was können, ihr müsst in der Schule gute Noten schreiben", und so weiter und sofort.
Nein, bei Elke und Lore steht die Liebe im Vordergrund, und unser Leben ist wunderschön!